AQUARISTIK
 
 

Wie alles begann...
Alles fing in den Spanienurlauben meiner Kindheit an. Ich meine die bunten Märkte, die samstags immer zum Staunen, Stöbern und Handeln einluden. Damals jonglierte ich natürlich noch mit (wenigen) Pesetas. Und mein absoluter Traum war es bald, eine kleine Rotwangenschmuckschildkröte zu pflegen. Meine Eltern waren erst nicht begeistert, schließlich werden Schildkröten alt und werden größer...
Aber nach langem Betteln durfte ich im nächsten Urlaub zwei kleine Schildkröten kaufen. Und ich pflegte sie wirklich gut. Täglich frisches Wasser und mehrmals Futter. Nur die Kleinere der Beiden fraß einfach nicht. Nach einigen Wochen zurück in Deutschland starb sie - was mich natürlich sehr traurig machte.
Der Zurückgebliebenen wollte ich natürlich um so mehr nur das Beste bieten. Und so bekam ich zur Pflege ein größeres 100x40x40cm Aquarium-Becken. Nach einigen glücklichen Jahren und einigen Sommern im Gartenteich, verpasste ich während eines recht kalten Septembers, den richtigen Moment die Schildkröte ins Becken zurückzusetzen. Und jedes Suchen misslang... Die Schildkröte tauchte leider nie wieder auf!

Das Becken stand nun leer und damit begann der Einstieg in das faszinierende Hobby - Aquaristik. Die Pfleglinge waren die üblichen Guppys, Zwergfadenfische, Neons, usw., und ich hatte mit den typischen Problemen der Einsteiger zu kämpfen Algen, Fischkrankheiten, andere Algen, etc., es fehlte eben das Verständnis für die Zusammenhänge der Wasserchemie und die komplexen Bedürfnisse der Pfleglinge. Neons mögen eben keine 20°dH auch nicht bei noch so langsamer Eingewöhnung. Auch wenn manche Tierhändler immer wieder das Gegenteil behaupten...

Ich machte meine Erfahrungen und lernte natürlich viel dazu und hatte gelegentlich sogar im Gesellschaftsbecken "Nachwuchserfolge". Als ich 1990 zum 17. Geburtstag von meiner damaligen Freundin und heutigen Frau, erneut eine Schildkröte  geschenkt bekam (Gelbwangenschmuckschildkröte, Männchen), musste wieder ein neues Becken her. Die Platys wären sonst irgendwann als Futter geendet. Und in einem 160x40x50cm ca. 300 Liter Becken hatte die Gelbwangenschmuckschildkröte auch endlich genug Platz. Die Schildkröte pflegte ich über 20 Jahre lang (wenn auch später in einem noch größeren Becken!), bis sie leider plötzlich starb und ihren Weg in den Tierhimmel suchte...

Dieses 300l Becken ermöglichte es mir letztlich, tiefer in die hohe Kunst der Aquaristik einzudringen und ich verinnerlichte folgende

Elementare Aquaristik-Regeln:

1.) Wasserwechsel: häufig und viel
z.B. 50% pro Woche dann gehören Algenprobleme meist der Vergangenheit an und Nitratwerte sollten so immer unter 15-20mg/l liegen. Die Wechselmenge und das Wechselintervall muss sich natürlich in erster Linie an Fischbesatz und zugeführter Futtermenge orientieren. Reine Nitratfilter wie Nitrat-Harze finde ich zu aufwendig, zumal auch andere Ausscheidungsprodukte Fisch-toxisch sind und sich entsprechend anreichern könnten. Außerdem können auch andere Stoffe wie Phosphate kumulieren und zu Algenproblemen führen.

2.) Fischdichte bzw. Besatzdichte und Artenvielfalt möglichst gering halten
Aquarienbecken sind generell zu klein. Immer, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Die Lebensräume in der Natur sind ungleich großzügiger bemessen. Als Tierpfleger sollten wir uns daher genau überlegen welche Fischarten man halten möchte und entsprechend der Beckengröße überhaupt artgerecht können. Wer an Zucht denkt sollte am besten gleich ein Artenbecken planen. Fische und ihr natürliches Verhalten entwickeln sich am besten bei ausreichend Schwimm- und Bewegungsraum, auch die Einrichtung des Beckens muss das berücksichtigen.

3.) Wasserchemie und Herkunft der Fischarten müssen passen
Natürlich muss nicht jeder Parameter wie pH, Leitwert oder Wasserhärte exakt im optimalen Bereich liegen, aber generell sollte die Wasserchemie aus dem Wasserhahn möglichst gut mit den Werten der Lebensräume der Tiere, die man pflegen möchte übereinstimmen. Sonst wird die Aufbereitung bei jedem Wasserwechsel aufwendig, zeitintensiv und/oder teuer. Neons und Diskus vermehren sich nicht in hartem Wasser und selbst die Haltung geht nicht auf Dauer gut. Der Händler der etwas anderes sagt, möchte nur verkaufen. Meinungen gehen hier natürlich auseinander, aber meine Meinung ist ganz klar: Die Wasserwerte sollten in einem Bereich liegen, in denen potenziell eine Zucht möglich ist - unter solchen Lebensbedingungen fühlen sich die Tiere offensichtlich am wohlsten.

4.) Futtermenge: weniger ist mehr
Keiner möchte seine Tiere hungern lassen. Aber viele Tiere essen bis zum Platzen, wenn man sie lässt - nicht nur Fische. Selbst beim Menschen ist dieses Phänomen bewiesen. Ist Essen in direkter Reichweite - also in "Griffweite" wird durchschnittlich doppelt so viel gefuttert, als wenn man sich dafür mehrere Meter weit bewegen muss. Fischen geht es ähnlich - sehr viel leichter wird ein Fisch überfüttert, als dass er zu wenig abbekommt. Ich füttere an 5-6 Tagen die Woche (abwechselnd 2-3 Tage gut, 3-4 Tage mäßig, 1-2 Tage fasten), Jungtiere fasten nicht, bekommen aber auch an 2 Tagen pro Woche deutlich weniger Futter. Futter bleibt auf keinen Fall liegen (auch nicht an den "guten" Tagen...). Aus Foren kenne ich mehrere Fälle von plötzlichem Tod eines Tieres bei Leberverfettung. Im Gegensatz dazu, kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen, dass einige Cichliden sogar reichlich Algen fressen und grünlich koten - wenn man sie sparsam füttert.

5.) Durchdachte Technik
Ein Aquarium ist meist nicht autark. Bei einem Stromausfall kann dies zum Super-GAU werden. Der Filter steht still - ohne Sauerstoffzufuhr sterben die Filterbakterien in geschlossenen Filtern innerhalb weniger Stunden ab. Ohne Licht bilden die Pflanzen keinen Sauerstoff, auch der ggf. angeschlossene Durchlüfter steht still. Die glatte Wasseroberfläche bietet nur eine sehr geringe Gasaustauschkapazität. Ein offenes Filterbecken, ein Batterie-Durchlüfter bei Netzstromausfall oder gar eine USV (unabhängige Stromversorgung) für z.B. PC-Systeme können im Ernstfall helfen. Auch an einem elektronischen Temperaturfühler mit Alarmton bei Über- oder Unterschreiten einer voreingestellten Temperatur sollte nicht gespart werden.
Zudem bietet eine durchdachte Technik den Luxus von z.B. einfachen Wasserwechseln und einer möglichen hohen Zeitersparnis (Direkter Wasseranschluss und Ablauf in die Kanalisation ist gerade bei großen Becken eine enorme Erleichterung. Solange ich die Rochen pflegte, wechselte ich jeden 2. Tag ca. 200-250l Wasser "halbautomatisch" in nur 15 Minuten). Das Internet bietet hier wirklich gute Tips!

 

Süßwasserrochen*

Oder genauer: Süßwasserstechrochen (Potamotrygonidae) sind die einzige Familie der Knorpelfische (zu denen auch die Haie zählen), die nur im Süßwasser leben und sich auch dort fortpflanzen. Der Lebensraum ist Südamerika, die unterschiedlichen Arten sind nicht ganz leicht zu unterscheiden, insbesondere die Farbe und Musterung ist sehr variabel. Es gibt drei Gattungen mit mind. 28 bekannten Arten. Die Potamotrygonidae stammen vermutlich von den Stechrochen ab, die im Bereich des Uramazonas lebten, als dieser noch in den Pazifik mündete. Nach Auffaltung der Anden wurden sie von ihrem bisherigen Lebensraum abgeschnitten und haben sich komplett auf ein Leben im Süßwasser angepasst. Die Süßwasserstechrochen leben nur in den tropischen Zonen Südamerikas, allerdings nur in Flüssen, die in den Atlantik oder in die Karibik münden (z.B. nicht im Bassin des Rio São Francisco). Die meisten Arten leben nur in einem Flusssystem, einige endemisch nur in einem bestimmten Fluss (z.B. Potamotrygon leopoldi). Nur wenige Arten, wie Potamotrygon motoro und Potamotrygon orbignyi haben ein weiteres Verbreitungsgebiet, das mehrere Flusssysteme umfasst.


Potamotrygon motoro "orange spotted" spec. Peru (mein Männchen "Sir Rusty II." oder kurz "Mampfi"), gut sichtbar sind die beiden Geschlechtsorgane "Klasper" jeweils links und rechts vom Schwanzansatz - bei Weibchen fehlen diese!

Süßwasserstechrochen sind oft kreisrund, die Gattung Paratrygon etwas länger als breit. Sie haben keine Rückenflossen und keine Schwanzflosse. Der Schwanz ist peitschenförmig, mit einem giftigen, mit Widerhaken versehenen Kalkstachel. Alle 6 bis 12 Monate wächst ein neuer Stachel über oder unter dem alten nach. Die Grundfarbe des Körpers ist meist braun, grau oder schwarz mit einer zum Teil auffälligen Zeichnung von farbigen Punkten, Flecken oder Kringeln (Warnfarben!?), die Unterseite ist oft hell. Sie erreichen je nach Art einen Durchmesser von 30 Zentimeter bis knapp über einen Meter, wobei die Weibchen meist deutlich größer werden.
Wie die meisten Rochen sind die Süßwasserrochen lebendgebärend. Sie haben eine innere Befruchtung und werden innerhalb der Gebärmutter von dort gebildeten Sekreten ernährt. Je nach Art und Größe des Muttertiers werden meist zwischen zwei und sieben, seltener zwölf bis max. sechzehn Jungfische geboren, die noch Reste des Dottersacks haben können.

Das erste Mal bin ich im Sommer 2003 in einer Zoohandlung auf Süßwasserrochen aufmerksam geworden. Nach langer Vorbereitung und Dank vieler Tips von Rochenpflegern (Internetseiten und -foren), wurde ich ab März 2005 selbst Rochenpfleger und konnte in den folgenden Jahren glücklicherweise mehrfach selbst Nachzuchten großziehen.

*Quelle (teilweise) aus Wikipedia

Rochenzucht

Wer ein Rochenpärchen halten möchte, sollte sich schon von Beginn an Gedanken über Nachwuchs machen. Wenn man Rochen als Pärchen gut pflegt, ist Nachwuchs fast vorprogrammiert. Je nach Art werden Süßwasserrochen mit frühestens 1,5-2 Jahren, größere Arten eher mit 3-4 Jahren geschlechtsreif.

Eine sehr gute Wasser- und Futterqualität sollte bei diesen wunderbaren und auch nicht gerade billigen Aquarienbewohnern selbstverständlich sein. Das Becken sollte wirklich viel Platz bieten, wenn die Jungen darin mit aufgezogen werden sollen. Einfacher ist jedoch ein extra Becken - allein die Fütterung der Kleinen ist dann viel einfacher zu kontrollieren. Die Trennung kann bzw. sollte unmittelbar nach der Geburt erfolgen. In engen Becken kann es sonst zu Bissen durch die Elterntiere kommen - im Extremfall sogar mit tödlichem Ausgang (insbesondere das Männchen ist nach der Geburt oft im Hormonrausch und beißt sich an allem fest was auch nur rochenähnlich aussieht - und das sollte dann kein Neugeborenes sein...). Häufig verpaaren sich die Elterntiere unmittelbar nach der Geburt - das Weibchen ist direkt erneut fruchtbar. Manchmal legt das Weibchen aber auch eine Pause von ca. einem Tragezyklus ein. Manche Pfleger trennen auch das Paar, damit das Weibchen sich ab und zu erholen kann und nicht "dauerschwanger" ist.


Hier sieht man ein Neugeborenes neben den Eltern im direkten Größenvergleich (meine erste P. motoro "orange spotted" spec. Peru Geburt am 25.11.2006). Das Männchen rechts nimmt schon Kontakt zum Weibchen auf...

Ansonsten kommt der Rest meist von ganz alleine. Besondere Einrichtungsgegenstände oder ähnliches braucht man zur Zucht nicht. Von Vorteil bei der Aufzucht der Kleinen ist, dass diese schon voll entwickelt und eigenständig auf die Welt kommen. Je nach Art beträgt die Tragzeit zwischen 80 - 130 Tagen. Rochen können sich demnach ca. alle 3-4 Monate fortpflanzen. Sinnvoll ist es auch ein ca. ein Jahr älteres  Weibchen zu kaufen. Männchen werden manchmal früher geschlechtsreif und ein noch "kleines" Weibchen wird dann oft schon mit Einsetzten der Geschlechtsreife vom Männchen bedrängt und verbissen. Das kann so schlimm und blutig werden, dass manchmal sogar die Tiere getrennt werden müssen. Mit der Zeit "lernen" es die Männchen aber in aller Regel wie begatten geht (ein Klasper wird hierzu in die Kloake des Weibchens eingeführt - was unter Wasser eben schwierig sein kann - zumal sich das Weibchen auch häufig mit dem Schwanz und Stachel anfangs wehrt...). Die Verletzungen beim Weibchen am hinteren Flossenrand durch das Beissen bzw. Festhalten des Männchens, heilen bei guter Wasserqualität aber meistens folgenlos in 1-2 Wochen wieder ab.


Am 25.11.2006 kamen bei "meinem" ersten Wurf 3 gesunde Jungtiere auf die Welt (2 Weibchen/1 Männchen), das Photo entstand ca. 3h nach der Geburt, die kleinen waren schon recht aktiv, aber wie üblich noch sehr blaß gezeichnet (P. motoro "orange spotted" spec. Peru).

Das Füttern der Neugeborenen ist manchmal etwas heikel. Oft kommen sie mit einem noch kleinen Rest ihres Dottersackes auf die Welt - eine kleine Kraftreserve für die ersten Tage. Meistens fangen die Kleinen erst zu fressen an, wenn der Dottersack aufgebraucht ist. Aber auch Tiere ohne sichtbare Reste fressen meist erst nach ca. 2-4 Tagen nach Geburt. Am ehesten wird Artemia, rote Mülas (auf gute Qualität achten!), Daphnien oder Mysis gefressen. Bei mir (P. motoro) hat es immer mit Gefrierfutter geklappt - manche Arten scheinen aber wählerischer zu sein. Mit Lebendfutter (Artemia / rote Mülas) klappt es aber eigentlich immer, die Kleinen innerhalb einer Woche zum Fressen zu bringen. Wichtig ist auch die Wassertemperatur, die zwischen 30-31°C liegen sollte. Ein vorsichtiges Anheben auf  32-34°C regt den Appetit noch weiter an, sollte aber nur bei großzügiger Durchlüftung erfolgen. Wichtig ist natürlich immer alle nicht gefressenen Futterreste zu entfernen, um das Wasser nicht zu belasten.


Einen Monat nach Geburt entstand diese Aufnahme, schon deutlich gewachsen, hoch aktiv, deutlich erkennbares hübsches Punktemuster und kurz davor in die neue Aufzuchtanlage umzusiedeln (P. motoro "orange spotted" spec. peru).

 

Ende der Rochenhaltung und -zucht

Leider gab es im Sommer 2012 an meinem Hauptbecken ein unklares Wasserleck, die Tiere mussten sofort in das Kellerbecken umziehen. Natürlich war es für 5 größere Rochen dort auf Dauer zu eng und mangels Zeit und zunächst unklarer Ursache des Wasserverlustes, konnte ich das Hauptbecken nicht zeitnah reparieren. Unter einigen Abschiedstränen hat meine Zuchtgruppe dann im Herbst 2012 in Frankreich in einem 18.000 Liter Becken ein gutes neues Heim gefunden.

Mehr Infos und Antworten auf spezielle Fragen bekommt man im Rochenforum (siehe Links - Hobby).

 

Zurück zum Gesellschaftsbecken

Nach der Trockenlegung und dem Ausräumen von gut 200kg Sand und Dekomaterial aus meinem Hauptbecken, wurde schließlich klar, dass die Verklebung der Scheiben keinen Schaden hatte, sondern nur eine Verschraubung des Überlaufes nach gut 6 Jahren(!!!) plötzlich undicht geworden ist. Vielleicht ein Schrumpfungsprozess der Dichtungen? Ausdünstung der Weichmacher?

Nach einigem hin und her, habe ich die Verschraubungen entfernt, verklebt und zurück auf einen großen Innenfilter gewechselt. Für Rochen filtertechnisch eher zu niedrig dimensioniert betreibe ich daher seitdem "nur" noch ein Gesellschaftsbecken mit einem schönen, bunten Diskusschwarm, das mir aber weiterhin sehr viel Freude bereitet: